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Toskana und Heimfahrt

Fast wie nach Hause kommen fühlte sich die Weiterreise in die Toskana an. Bei unserer „Fahrt ins Blaue“ hatten wir zunächst nicht damit gerechnet, unser geliebtes Italien zu bereisen. 

  • Strecke: Caorle, Bologna, Livorno, Piombino, Siena, Bologna, Peschiera, Bozen, Brenner, Bodensee, Offenburg, Neustadt a.d. Weinstr., Westerwald
  • 1.870 km (Womo), 644 km (Mot.)
  • 37 Tage
  • 12 Stopps
  • Wetter: sonnig, bewölkt, teilw. sehr windig, Gewitter, teilw. Regen, 12 bis 25 Grad 
Agricampeggio "Vento Etrusco"

Unserer Reise im Jahr 2020 stand unter dem Motto „Fahrt ins Blaue“. Nachdem wir bei den ersten Etappen überraschend schöne Landschaften wie das Mühl-, das Wald- und das Mostviertel sowie die Steiermark in Österreich gefunden hatten und außerdem das vielseitige Slowenien genießen konnten, schlugen wir nun in Italien eine südliche Richtung ein. Zunächst ging es mit dem Wohnmobil von der nördlichen Adria-Küste über die Poebene in den Apennin. Wir waren nämlich in diesem Jahr erstmals mit dem eigenen Womo plus Anhänger für die Motorräder unterwegs, nicht zuletzt geschuldet der aktuellen Situation. So musste man nicht in Hotels oder Pensionen übernachten. Im Folgenden ein paar Impressionen aus den Gegenden, in die es uns nun verschlug. 

Im Apennin fanden wir in Pian del Voglio einen kleinen gemütlichen Campingplatz („International Relax), dessen 80jähriger Inhaber nicht nur ein weitgereister Geschichtenerzähler war, sondern uns auch lukullisch mit heimischen Spezialitäten verwöhnt hat.

E 35 - Panoramica im Apennin
Gegrilltes Gemüse a la Pier
Die toskanische Riviera

Im Apennin entschieden wir uns gemäß unseres Mottos „Wir lassen uns treiben“, an die Westküste Italiens zu reisen, um doch noch einmal in diesem Jahr das Meer zu genießen. Die Toskanische Riviera (hier am Golfo di Follonica) hat für jeden etwas zu bieten: Für die Biker tolle Ausblicke, für die Surfer geeigneten Wind dank des „Vento Etrusco“, für die Schwimmer Abkühlung und die Sonnenanbeter Strandliegen. Und hier gefiel es uns so gut und wir hatten eine solche Menge an Möglichkeiten, dass wir fast drei Wochen Station machten. Dazu kam, dass wir mit dem Stellplatz „Vento Etrusco“ die ideale Ausgangsposition gefunden hatten und die Betreiber Luciano und Cristina für eine enorme Wohlfühlatmosphäre sorgten. Die Beiden sind super freundlich und verwöhnen mehrmals pro Woche die Gäste mit Pizza oder Antipasti.

In der Nähe liegt die Hafenstadt Piombino an der italienischen Riviera, die wir bisher total verkannt haben. Unsere früheren Besuche dienten lediglich dazu, von hier aus die Fähren nach Elba, Korsika oder Sardinien zu nehmen. Ansonsten machte Piombino auf uns nur einen Eindruck: hässlich! Hinter den abgewrackten Industrieanlagen lohnt sich jedoch ein zweiter Blick: Die kleine historische Altstadt hat ein nettes Flair und die molenartige Befestigung mit Leuchtturm überrascht mit extravaganten Frauenskulpturen. Zudem lohnt ein Abstecher in das antike Populonia.  

Luciano am Pizzaofen
Camping "Vento Etrusco"
Antipasti-Abend
Piombino
Bucht von Populonia.

Ist man schon einmal an der Etruskischen (Toskanischen) Küste in Italien sollte man den Spung auf die Insel Elba wagen. (Ca. 74 Euro Fährkosten für Hin- und Rückfahrt 1 Pers.+ 1 Mot.) Die kleine Insel, auf der Napoleon 1814 für ein Jahr ins Exil ging, bietet wunderschöne Küstensträßchen und Touren über die durchaus höhere Berglandschaft, immer wieder neue fantastische Ausblicke auf´s Meer sowie etliche kleine Hafen- und Badeorte wie Fetovaia, Marina Di Campo oder Porto Azzuro. Allein die Hafeneinfahrt von Portoferraio mit der stolzen Festung ist eindrucksvoll nach der einstündigen Fährüberfahrt von Piombino aus. Lukullisch hat die Insel auch einiges zu bieten, zum Beispiel als Dolce die grünen, zuckersüßen Prinzessinnen-Törtchen.

Elba - Blick auf Marciana Marina
Prinzessinnentörtchen am Hafen von Portoferraio
Am Hafen von Marina di Campo

Eine der schönsten Städte Italiens ist u.E. Siena in der Toskana, insbesondere weil noch einigermaßen überschaubar, mit tollem mittelalterlichem Flair und vor allem mit etlichen lauschigen, leeren Altstadtgassen abseits der Hauptpromenade. Auf der Piazza del Campo kann man sogar die Atmosphäre des Palio schnuppern, des klassischen Pferderennens, bei dem die Reiter aus den zehn Stadtteilen, repräsentiert durch ihre bunten Flaggen, ohne Sattel mit ihren Pferden den schnellsten ermitteln. Nett sind aber auch die vielen kleineren mittelalterlichen Städtchen wie Massa Marittima und andere. 

Massa Marittima
Flaggen des Palio
Siena

Nach nunmehr drei wundervollen Wochen in der Toskana hieß es allmählich Abschied nehmen und den Weg nach Norden Richtung Heimat einzuschlagen. Schließlich waren wir inzwischen rund zweieinhalb Monate unterwegs und die Corona-Lage wurde leider nicht einfacher. Bisher waren wir immer in sicheren Gebieten unterwegs, doch auch in Deutschland stiegen die Zahlen wieder an. Wir waren beeindruckt, dass noch im September Italien eine Maskenpflicht außerhalb des eigenen Hauses angeordnet hatte und sich die Menschen überwiegend daran hielten. Als Zwischenziel definierten wir noch das Umland des Gardasees und als kurzen Stopp Südtirol.

Nach der langweiligen Fahrt durch die Poebene sind endlich die Alpen in Sicht, die Gipfel bereits weiß gepudert. Ein Abstecher zum Gardasee ist angesagt und hier genossen wir nochmals italienische Lebesart in Peschiera und dem kleinen mittelalterlichen Städtchen Borghetto am Mincio, der übrigens DURCH den Gardasee führt; bis IN den Gardasee heißt er Sarca. Eine Spezialität dieser Gegend sind die selbst hergestellten Tortellinis in allen erdenklichen Sorten. 

Gardasee bei Peschiera
Borghetto
südlicher Gardasee
Pasta aller Art

Bevor es endgültig heimwärts geht, heißt es den goldenen Herbst in Südtirol erleben, ein Traum. Das Laub schillert in allen Gelb- und Rottönen und in den Altstädtchen ist Flanieren noch im T-Shirt möglich, so in Meran mit seinem mondänen Kurviertel, Bozen mit seinen zahlreichen stattlichen Burgen in der Umgebung und Brixen mit seinen Laubengängen. Leider stellten wir fest, dass es in den Großstädten mit der Maskendisziplin nicht so gut aussah wie auf dem Land. Der Betrieb hielt sich jedoch noch einigermaßen in Grenzen. 

Dennoch wurde es nun Zeit, die Heimat anzusteuern. Über den Brenner, durch den Arlbergtunnel und am Bodensee entlang ging es in den südlichen Schwarzwald, wo wir den außergewöhnlichsten Stellplatz der Reise erwischten! Wir schliefen nicht unter sondern auf einer Brücke! Direkt daneben eine Brauerei mit Gasthof im Rahmen des Konzeptes „Übernachten bei einer Brauerei“. (Auch mit anderen alternativen Stellplatzangeboten haben wir gute Erfahrungen gemacht so mit „Landvergnügen“ und dem „Winzeratlas“.)

Kurhaus in Meran
Castel Roncolo bei Bozen
Laubengang in Brixen
Schlafen auf der Brücke

Dem Motto der Reise, Fahrt ins Blaue wegen der nicht festgelegten Route, kam im Nachhinein ja schon (fast) eine weitere Bedeutung zu. Durch den Aufenthalt in zahlreichen Weinregionen kamen wir kaum umhin, die jeweils typischen Tropfen zu probieren: so in der Wachau den Grünen Veltliner, in der Steiermark den Welschriesling, in Slowenien den Rebula, in Venetien den Barolo, in der Toskana den Montepulciano, in Südtirol den Vernatsch und in Baden den Weißburgunder. Jeder Wein war auf seine Weise lecker und schmeckte in der entsprechenden Region noch mal so gut. Dazu gab es jeweils die typischen Gerichte der Gegenden. So kann man ein Problemjahr trotzdem genießen.

Das Fazit der Reise insgesamt: Nach über drei Monaten trafen wir wieder wohlbehalten zu Hause ein. Leider war unser Kreis zu diesem Zeitpunkt schon Risikogebiet. Unterwegs hatten wir es erfolgreich geschafft, den Risikogebieten auszuweichen. Daher war unser Motto „Fahrt ins Blaue“ genau das Richtige gewesen in dieser nicht einfachen Zeit. Dreimal hatten wir ursprünglich geplante Routen über Bord geworfen und entdeckten auf diese Art Regionen, die für uns neu und spannend waren, so Nieder- und Oberösterreich, die Steiermark und Slowenien. Auch mit der Toskanischen Riviera hatten wir ein Ziel erreicht, das positiv überraschte und viele Möglichkeiten bot. Besonders gefreut hat uns die Herzlichkeit von einigen Gastgebern und die nette Bekanntschaft von anderen Womo-Reisenden.

Geschlafen haben wir in den eigenen Betten hervorragend, Kochen und Duschen im eigenen Heim war ebenfalls in Ordnung. Bis auf die letzten drei Wochen konnte man abends gemütlich draußen sitzen, später wurde es drinnen schon etwas eng aber machbar. Man war viel an der frischen Luft, mehr als in einem Hotel. Als mühsam erwies sich das Aus- und Einladen der Motorräder mit entsprechendem Verzurren, so dass diese nur ins Freie kamen, wenn man mehrere Tage an einem Ort verweilte. Das war in gewisser Weise schade. Einfacher war das Benutzen der Fahrräder, die in der Womo-Garage geparkt waren. Daher sind wir auf der Reise relativ viel Fahrrad gefahren – für die Gesundheit auch nicht das schlechteste.

Das Fahren mit dem Gespann war grundsätzlich kein Problem auf Autobahnen und Landstraßen. In engeren Ortschaften war es nicht so prickelnd und bei drei Unterkünften war das Platzieren auf dem Stellplatz schon kompliziert. Da half nur unser Mover aus der Klemme.

Insgesamt aber war die Reise wieder ein tolles Erlebnis – eben ein Erlebnis der anderen Art!